Es gilt nicht nur das 6. Gebot

Michael Diener,
Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz:

Es gilt nicht nur das sechste Gebot!

Täuschen wir uns nicht: Gottes Gebote waren seit ihrer Offenbarung umstritten – und sie sind es bis heute, vielleicht sogar besonders heute, in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft.
Aber Gefahr droht den Geboten nicht nur von ihren Verächtern, sondern auch von denen, die sich mit besonderer Vehemenz für ihre Gültigkeit einsetzen. Die Gebote Gottes sind auch dann gefährdet, wenn Gläubige, gleichsam wie mit Scheuklappen, immer nur für gewisse einzelne Lebensordnungen Gottes ihre Stimme erheben, wenn Gebote unter Missachtung anderer Gebote verteidigt werden, wenn deren Gültigkeit vor allem immer nur im Blick auf andere angemahnt wird oder wenn dabei das größte aller Gebote unheilbaren Schaden leidet.Wer protestiert gegen diese Unmenschlichkeit?
Nun gibt es gerade im sogenannten „evangelikalen Bereich“ immer wieder Christinnen und Christen, die insbesondere die Thematik des sechsten Gebotes, also „beziehungs- und sexualethische Fragen“ in den Mittelpunkt rücken.
Kein Zweifel, dass es hierfür wichtige Gründe gibt, und doch ist es einseitig, dass diejenigen, die die persönlichen Lebensverhältnisse von Politikern anprangern oder gegen liberale Gesetzgebungen im Bereich Homosexualität protestieren, bisher kaum dadurch aufgefallen wären, dass sie sich neben den Schöpfungsordnungen auch für die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt oder gegen absolut unmenschliche und unchristliche Bedingungen bei der Herstellung ihrer Textilien oder Nahrungsmittel in der Zweidrittelwelt das Wort erhoben hätten.
Es ist ungeistlich, dass der Kampf um die Schlafzimmerhoheit den Blick dafür verstellt, dass in der Bibel im Kontext sexueller Verfehlungen fast immer auch vor Richtgeist, vor Hochmut und Gesetzlichkeit, vor sozialen Sünden gewarnt wird. Es ist fatal, dass Vertreter dieser Scheuklappenethik bevorzugt interne Glaubenskämpfe schüren, oftmals auch auf Kosten des achten Gebotes, indem Aussagen verkürzt oder einseitig dargestellt und Menschen an den Pranger gestellt werden, paradoxerweise nicht nur für das, was sie gesagt, sondern auch für das, was sie nicht oder nicht mit dem erwarteten „Kampfvokabular“ ausgedrückt haben.
Es ist tragisch, dass dabei die Gottes-und Nächstenliebe als Zusammenfassung aller Gebote rücksichtslos mit Füßen getreten wird, weil die erkannte Wahrheit völlig lieblos Dritten eingetrichtert werden soll – von allgemein immer noch geltenden Regeln des Anstandes, des Respekts, der Höflichkeit ganz zu schweigen …
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Ich sehe die wachsende Zahl von Christinnen und Christen, die nicht mehr bereit sind, auf mindestens einem Auge blind zu sein, die sich nicht mehr gegeneinander „scharfmachen“ lassen, sondern gemeinsam, als Glieder am Leib Christi, nicht als Rächer, sondern als Zeugen für die Geltung aller Gebote Gottes eintreten. Die bei sich selbst beginnen und deshalb demütig in Wahrheit und Liebe Gott und den Menschen dienen. Ach, dass wir das alle miteinander täten!
(Quelle: “idea”)
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